Die DNA des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin
Ein dunkler, innig-romantischer Klang, Exzellenz und Perfektion, interessante und unverwechselbare Programme von der Vorklassik bis zur Gegenwart als Kulturbotschafter über Grenzen hinaus, spannende und mitreißende Angebote für alle, innovative Konzertformate und experimentelle Musik, individuelle und facettenreiche Produktionen als Medienorchester sowie ein außergewöhnliches Engagement für gesellschaftlich relevante Themen gehören zur Kernkompetenz des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin
…Ein Orchester entsteht nicht durch einen Wunsch oder Befehl. Ein Orchester ist etwas was wächst durch viele Jahre. Die Musiker haben noch im Hinterkopf was Stravinsky gemacht hat. Sie sind dankbar für das, was Richard Strauss, Bruno Walter oder Franz Konwitschny, was Hermann Abendroth oder Marek Janowski ihnen gegeben hat und was Vladimir Jurowski mit dem Orchester entwickelt. Hier ist das Ergebnis. Es ist wunderbar und kommt nicht von selbst..
frei nach Herbert Blomstedt
Seit 1923 ist das RSB mit der Entwicklung der Radiotechnik und dem Medium Rundfunk auf das Engste verbunden. Das Orchester wird geprägt von den sich wandelnden technischen Möglichkeiten, den damit verbundenen hohen Qualitätsansprüchen und nimmt seinerseits Einfluss auf die neue Aufführungs- und Übertragungspraxis. Das Repertoire des Berliner Funkorchesters/RSB umspannt die ganze Vielfalt der Musikliteratur von der vorbarocken Musik bis zur Gegenwart.
Das VOX-Haus Berlin
„Achtung! Achtung! Hier ist die Sendestelle Berlin im Vox-Haus auf Welle 400!“
Friedrich Knöpfke, Direktor der Funkstunde Berlin, 29. Oktober 1923
Als der Direktor der Funkstunde Berlin Friedrich Georg Knöpfke diese Worte erstmals am Abend des 29. Oktober 1923 über den Äther schickt, ist das zugleich die Geburtsstunde des deutschen Rundfunks als Massenmedium. Dieses Live-Konzert gibt den entscheidenden Anstoß für die Gründung des ersten deutschen Rundfunkorchesters, dem heutigen Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin.
Die Erfindung des Radios verändert die Welt.
„Um nur einen Teil der musikalischen Aufgaben zu erledigen, war die Gründung eigener Orchester unbedingte Notwendigkeit.“
Hans Bredow „Vier Jahre deutscher Rundfunk“, 1927


Es erklingen Kompositionen von Mozart, Beethoven, Schumann, Tschaikowski, Kreisler u.a. gespielt von Instrumentalisten wie Otto Urack, die später im und mit dem Funkorchester Berlin, dem heutigen Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin RSB, zusammenwirken.

Ungewohntes sofort in Perfektion umzusetzen, ist neu und innovativ. Bisherige Konzert- oder Opernorchester sind diesem Anspruch bisher nicht in diesem Maße ausgesetzt.
„An ein Orchester, das sich täglich und stündlich vor neue Aufgaben gestellt sieht und die gesamte Literatur zu beherrschen hat, werden außergewöhnliche Ansprüche gestellt.“
Hans Bredow, „Vier Jahre deutscher Rundfunk“, 1927
Das neue Massenmedium Radio hat seinen schwindelerregenden Siegeszug begonnen und wird in Berlin zum Magnet für die besten Musiker und größten Denker ihrer Zeit.
Der exzellente Ruf des „Berliner Funkorchesters“/RSB reicht schnell über die Rundfunkarbeit hinaus und bietet seiner zahlenden Zuhörerschaft aufregende und abwechslungsreiche Programme.
Erster Leiter und Chefdirigent des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin, des damaligen Funkorchesters, wird Wilhelm Buschkötter.

Nicht zuletzt die ab 1924 jährlich stattfindende Funkausstellung in Berlin und die legendären Radio-Konzerte lösen einen wahren Radio-Boom aus. Das Berliner Konzertpublikum trifft regelmäßig sein Radio-Orchester u.a. in der Alten Berliner Philharmonie und dem Beethovensaal, der Alten Singakademie und im Theater am Bülowplatz (Volksbühne).
Die großen öffentlichen Konzerte zeigen die Dirigentenelite und Avantgarde der Zeit am Pult des RSB. Das Orchester wird nachhaltig geprägt von Musikerpersönlichkeiten wie u.a. Bruno Walter, Richard Strauss, Igor Stravinsky, Arnold Schönberg, Sergei Prokofiev, Franz Konwitschny, Ferenc Fricsay, Igor Markevitch, Ernest Ansermet, Oscar Fried, Eugen Jochum, Kurt Weill, Otto Klemperer, Hanns Eisler, Carl Schuricht, Karl Böhm, Hermann Scherchen, Joseph Keilberth, Václav Neumann….
Später den jungen Herbert v. Karajan, Sergiu Celibidache, Ferenc Fricsay, Wilhelm Furtwängler, Kyrill Kondraschin, Kurt Sanderling, Kurt Masur, Wolfgang Sawallisch, Hermann Abendroth, Marek Janowski u.v.a.m. ➡️
So leitet z.B. Igor Stravinsky die Uraufführung seines Concerto in Ré mit dem Berliner Funkorchester und Bruno Seidler-Winkler mit Gaspar Cassadó als Solist bringen Bohuslav Martinus Cellokonzert zur Uraufführung.
Bruno Walter und die erste Rundfunkübertragung der 9. Sinfonie von Ludwig v. Beethoven

Bruno Walter leitet am 23. März 1927 die erste Rundfunkübertragung der 9. Sinfonie von Beethoven. Für das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin ist das der Beginn, einer bis heute gepflegten Tradition.
Mit seiner „Ode an die Freude“, in der Ludwig van Beethoven mit den Worten Friedrich Schillers von der verbindenden Kraft der Menschen, von Freude und Freiheit spricht, bewegt und verbindet diese Musik die Menschen zu allen Zeiten in der ganzen Welt.
Heute ist die Europahymne und unsere Nationalhymne jeden Tag im Nationalen Hörfunk, im Deutschlandfunk um 23.57 Uhr zu hören. Eingespielt vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin RSB mit Marek Janowski.
Mit der Ära Hermann Abendroth werden die Aufführungen der „Neunten“ mit dem RSB zum festen Bestandteil des Berliner Konzertprogramms zum Jahreswechsel und seit 1956 ein wichtiger Programmteil der Konzert- und Gastspieltätigkeit des RSB in aller Welt.
Von Beginn an wirkt der Rundfunk und sein Orchester in alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens.
Die Neue Musik und das Medium Radio
Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin gilt als Vorreiter für die Neue Musik. Reihen wie „Stunde der Lebenden“ und „Musik der Gegenwart“ – fortgesetzt als „Europäische Musik des 20. Jahrhunderts“, „Werkstatt DeutschlandRadio live“ oder das „Festival für Neue Musik-Ultraschall“ – werden zu vielbeachteten Podien der Musik des 20./21. Jahrhunderts.
Diese Vorreiterrolle spielt das RSB seine gesamte Geschichte hindurch. Was sich mit seiner Hilfe im Rundfunk durchgesetzt hat, findet dann auch den Weg in die Konzertsäle – wie etwa auch das Beispiel Paul Hindemiths zeigt.

„Achtung! Hier deutsche Welle!“

mit seinem Chefdirigenten Bruno Seidler-Winkler, 1926
Weitere Komponisten, die hier zu nennen sind u.a.: Igor Stravinsky, Sergej Prokofieff, Richard Strauss, Kurt Weill, Ernst Krenek, Alfredo Casella, Werner Egk, Arthur Honegger, Darius Milhaud, Hans Pfitzner, Arnold Schönberg, Franz Schreker, Alexander Zemlinsky ebenso wie Hanns Eisler, Paul Dessau, Krzysztof Penderecki, Udo Zimmermann, Peter Ruzicka, Friedrich Goldmann, Siegfried Matthus, Peter Maxwell Davies, Matthias Pintscher, Hans-Werner Henze oder Heinz Holliger u.v.a.
Hans Pfitzner

Der erste Komponist, der je ein eigenes Werk vor einem Rundfunkmikrofon selbst dirigierte, ist HANS PFITZNER (1869-1949). Am 8. Februar 1926 leitet er die Funkfassung seiner Oper „Der arme Heinrich“ – man spricht von einer Sternstunde beim Berliner Sender.